© Kristina Benjocki
(red.) Ausstellung: At sunset we retreat once again, up the hill, to where we can watch the skeins of water reflect colours we‚ve never seen before
Kristina Benjockis Werk beschäftigt sich mit politischen Prozessen des Erinnerns und Vergessens im Kontext eines ehemals zweigeteilten Europas in Installationen, Tonarbeiten, Webereien und Filmen. In ihrer Ausstellung im IKOB legt sie ihren Fokus sowohl auf die Geschichte der Eupener Textilindustrie, als auch auf ihre persönlichen biografischen Verbindungen zur Textilproduktion. Das Ergebnis ist eine poetische Befragung über die Verknüpfungen zwischen der Tätigkeit des Webens und Idealen von technischem Fortschritt, politischer Geschichte und konstruierter kultureller Identität.
Im Zentrum der Ausstellung steht Tableaux VI-VII, La composition (2022), eine bisher nie ausgestellte Installation von großformatigen, doppelseitigen Wandteppichen. Die Künstlerin fertigte sie in Handarbeit auf ihrem eigenen Webstuhl, wobei sie Kenntnisse und Bewegungen reproduzierte, die seit Urzeiten vor allem von Frauen wiederholt und weitergegeben werden. Die Muster basieren auf einer Reihe von Rasterzeichnungen für Teppiche, die in der Tradition der Piroter Kelime in Serbien, der Heimat der Künstlerin, gewebt werden. Die Geschichte dieser Teppiche lässt sich bis ins Mittelalter, in die Zeit vor der islamisch-osmanischen Herrschaft auf dem Balkan zurückverfolgen, und wurde später zum Anknüpfungspunkt einer postkommunistischen nationalen Identität verwendet. Durch die Werkreihe wird deutlich, wie eng Textilien mit Migration, Handel und politischer Macht verwoben sind.
12.03.–05.06.2022